Die Zweite Woche ist nicht mehr der Vergangenheit, sondern der Vorausschau in die Zukunft gewidmet: Im Blick auf das Leben Jesu versucht die Exerzitantin / der Exerzitant, das eigene Leben neu auf Gott hin auszurichten und soweit es möglich ist, Lebensentscheidungen zu treffen. Dabei gilt es weiterhin, die Indifferenz, die innere Freiheit, zu stärken, die schon im „Fundament“ angesprochen war. Das heißt: Es geht darum, in allen Entscheidungen nicht den eigenen Vorteil zu suchen, sondern ausschließlich das, was mehr zum Dienst für die Menschen und für Gott hilft. Indifferenz ist nicht leicht zu erreichen, denn wir Menschen neigen – bewusst oder unbewusst, freiwillig oder nicht – stärker dazu, an uns selbst und unseren Vorteil zu denken. Deswegen muss die Indifferenz in Exerzitien eingeübt und ein Leben lang immer wieder errungen werden. In der Zweiten Woche stärkt die Exerzitantin, der Exerzitant die Indifferenz dadurch, dass sie / er sich aktiv bemüht, im Herzen die Dinge loszulassen, an denen sie / er hängt und die sie / ihn in den Entscheidungen einengen.
Sodann betrachtet die Exerzitantin / der Exerzitant Szenen aus dem Leben Jesu. Am Beginn steht die Betrachtung von der Menschwerdung (EB 101ff.), in der man eingeladen wird sich vorzustellen, wie die drei göttlichen Personen droben im Himmel beraten, was sie tun können, um das verdorbene und untergehende Menschen-geschlecht zu retten. Die Beratung endet mit dem Beschluss, die „zweite Person hinunter auf die Erde zu schicken, damit sie die Menschheit erlöse. Die an-schließenden Betrachtungen von der Verkündigung des Engels an Maria, der Geburt Jesu und seiner Kindheit sind für Ignatius von großer Bedeutung: Weil der Menschensohn sich erniedrigt, soll auch die Person, die Exerzitien macht, bereit werden, sich zu den kleinen und verachteten Menschen hinunter zu beugen.
Danach nimmt man ausführlich das öffentliche Wirken Jesu in den Blick: wie er liebevoll mit den Menschen umgeht, ihnen predigt, sich den Armen zuwendet, die Kranken heilt. Diese Betrachtungen helfen, das eigene Leben nach Jesu Vorbild und Maßstab auszurichten. Jesu unerschöpfliche Liebe soll die Exerzitantin / den Exerzitanten so berühren, dass ihm eine neue, liebevollere Beziehung zu Jesus und zu den Mitmenschen erwächst und dass sie / er sich zur Jüngerin / zum Jünger Jesu rufen lässt. In dieser Phase kann die Exerzitantin / der Exerzitant zu Entscheidungen kommen, sei es im Kleinen, dass sie / er sich vornimmt, bestimmte Gewohnheiten des Alltags zu reformieren, sei es im Großen, dass sie / er anstehende Lebensentscheidungen erwägt und sie dann im Gespräch mit Gott zu treffen sucht.