Die Erste Woche (Krisen-Phase)

Die dunklen Seiten des Lebens - Zweite Phase der 30-tägigen Exerzitien

Die Erste Woche ist den dunklen Stellen im Leben gewidmet: dem Bösen in der Welt und im eigenen Herzen, der Verstrickung in Unheil und Schuld. Ignatius schlägt vor, zunächst die Ursünde von Adam und Eva zu betrachten: Die ganze Welt fiel am Anfang der Geschichte in Unheil und Schuld und ist seither von der Macht des Bösen durchdrungen. Anschließend soll die Exerzitantin / der Exerzitant sein bisheriges Leben auf Unheil und Schuld hin in den Blick nehmen und sich Umkehr vornehmen. Heute nimmt man für diese Themen Bilder oder biblische Texte zu Hilfe. Zuerst geht es um die Verdorbenheit der ganzen Welt, als deren Teil die einzelne Person vom Bösen infiziert ist. Indem sie sich als jemand erfährt, die in eine Macht der Sünde verstrickt ist, welche nicht nur ihr als Schuld angelastet wird, entlastet Ignatius die jeweilige Person von zu vielen Schuldvorwürfen. Ihren persönlichen Anteil soll sie allerdings in einem zweiten Schritt wahrnehmen: die eigenen schuldhaften Anteile entdecken, darüber erschrecken und sich der Barmherzigkeit Gottes anvertrauen.

In der Ersten Woche führt die Exerzitanttin / der Exerzitant am Ende jeder Betrachtung ein „Gespräch“ mit Jesus: Man soll sich in seiner Phantasie Jesus am Kreuz hängend vorstellen und mit ihm besprechen „wie mit einem Freund“ (EB 53f.), was einen bewegt. Die Exerzitantin / der Exerzitant erfährt sich zwar als sündiger Mensch, aber gleichzeitig als von Gott angenommen und geliebt. Die Erfahrung der Ersten Woche ist einerseits ernüchternd, denn die Exerzitantin / der Exerzitant muss der eigenen Armut, dem eigenen Versagen ins Auge schauen und sie annehmen. Andererseits ist die befreiend. Sich in der Ersten Woche als von Gott geliebten Sünder / geliebte Sünderin zu erfahren, ist schmerzhaft, gehört aber gleichzeitig zum Schönsten, was Exerzitien bieten können.

Ignatius konzentrierte die Erste Woche stark auf das Thema „Sünde“. Heute ist es ebenso wicht6ig, auf Verletzungen und Ängste zu schauen. Viele Exerzitanten waren Opfer von Ungerechtigkeit und Gewalt und sind daher in der Seele verletzt, was sie im gegenwärtigen Leben belastet und ihr Empfinden und Handeln prägt. Verletzungen anzuschauen und um Heilung zu bitten, ist ein leidvoller Prozess, der aber für ein künftiges Leben in Trost und Frieden unabdingbar ist. Die Exerzitantin / der Exerzitant kann Menschen in den Blick nehmen, die sie / ihn verletzt haben, und in einem inneren Akt versuchen, ihnen zu vergeben. Wirkliche Vergebung ist immer Tat Gottes. Man bittet Gott, dass er Vergebung schenkt und dass man die selbst empfangene Vergebung weiterschenken kann. In ähnlicher Weise können Ängste zum Thema werden: Sie belasten die Seele und prägen Verhalten, das dann unangemessen ist und in die Irre führt. Auch an Ängsten kann man in Exerzitien arbeiten und sie schrittweise überwinden. Die Person, die Exerzitien macht, sucht, auf Gott zu vertrauen und so von ihm her die Angst zu überwinden. Auch diese Heilung kann als Frucht der Ersten Woche gesehen werden. Diese kann zu einem umfassenden Prozess der Annahme alles Dunklen, von Schuld, Ängsten und Verletzungen werden, also zur Annahme seiner selbst: Nur was angenommen ist, kann erlöst werden.